Sprachen können sich darin unterscheiden, daß sie in derselben syntaktischen Relation verschiedene Stellung der Glieder der Relation haben. Z.B. folgt im Englischen das direkte Objekt einer periphrastischen Verbform, wie in B1, während es im Deutschen dem infiniten Verb vorangeht, wie in B2.

B1.I have read the book.
B2.Ich habe das Buch gelesen.

Im Französischen folgen die meisten Adjektivattribute dem Bezugsnomen, wie in B3, während sie ihm im Deutschen (und im Englischen) vorangehen, wie in B4.

B3.la langue française
B4.die französische Sprache

Hier bietet sich in einem ersten Schritt eine Klassifikation der Sprachen nach solchen Stellungsmustern an. Die Typologie sucht jedoch auch hier wieder nach Zusammenhängen. Am nächsten liegt es, die Wortstellung in einer syntaktischen Relation mit der Stellung in einer anderen syntaktischen Relation in Beziehung zu setzen, also z.B. zu prüfen, ob die Stellung des Adjektivattributs in einer Sprache mit der Stellung des Genitivattributs korreliert.

Vorläufer zu solchen Untersuchungen wurden z.B. von H. Weil (1879) und von Pater W. Schmidt (1926) gestartet. Die Frage wurde erstmals auf solider methodischer Grundlage von J. Greenberg (1963) untersucht. Er organisierte 1961 eine Konferenz über sprachliche Universalien in Dobbs Ferry (N.Y.), zu der eine ganze Reihe von Persönlichkeiten der us-amerikanischen Linguistik erwähnenswerte Beiträge leisteten. Sein eigener Beitrag jedoch, “Some universals of grammar, with particular reference to the order of meaningful elements”, war mit Abstand am innovativsten:

Dieser Aufsatz war epochemachend für die moderne Linguistik. Greenberg begründete damit die moderne Universalienforschung und stellte gleichzeitig die Sprachtypologie auf neue Füße.

Greenberg untersucht die Wortstellung in mehreren syntaktischen Konstruktionen, wobei die folgenden als fundamental gelten:

Für die Kategorien der Komponenten dieser Konstruktionen werden die folgenden Abkürzungen verwendet:

EtikettKategorie
AAdjektivattribut
AdpAdposition
Gpossessives Attribut
NBezugsnomen
NPNominalsyntagma
Odirektes Objekt
PostpPostposition (NP Adp)
PräpPräposition (Adp NP)
RSRelativsatz
SSubjekt
Vfinites Prädikatsverb

Die methodischen Probleme, die mit einem solchen Vergleich verbunden sind, so etwa die Basis, auf welcher sich die Kategorien und Relationen in verschiedenen Sprachen identifizieren lassen und wie sich bei intralingualer Variation die dominante Variante identifizieren läßt, sind Greenberg bewußt. Unter dieser Voraussetzung stellt er zunächst fest, daß in der Hauptkonstituentenstellung fast immer das Subjekt dem direkten Objekt vorangeht. Ferner stellt er eine ganze Reihe implikative Zusammenhänge fest. Greenbergs Einschränkungen des Typs “almost always”, “with much greater than chance frequency” u.ä. werden im folgenden weggelassen, was nicht bedeuten soll, daß sie irrelevant sind. In der Tabelle bezeichnet die Reihenfolge der Etiketten syntaktischer Kategorien ihre Stellung in der Konstruktion. Die Nummern sind von Greenberg.

Einige Wortstellungsuniversalien
(Greenberg 1963)
Nr.ImplicansImplicatum
 2.aPräpN G
  b.PostpG N
 3.V S OPräp
 4.S O VPostp
 5.S O V & N GN A
16.a.V S OAux Vinf
  b.S O VVinf Aux
17.V S ON A
24.RS NPostp ∨ A N

Nr. 3 z.B. ist wie folgt zu lesen: ‘Wenn (in der Grundwortstellung einer Sprache) das Verb den Aktanten vorangeht, dann hat die Sprache Präpositionen (anstatt Postpositionen).’

Diese Art von Typologie heißt seit Greenberg ‘basic order typology’. Sie wurde nach ihm in Werken wie Hawkins 1983 und Dryer 1992 weitergeführt und präzisiert und galt in den siebziger Jahren des 20. Jh. weithin als die fundamentale Typologie schlechthin.

Die in der Tabelle aufgeführten Konstruktionen lassen sich als Dependenzen auffassen. In diesen Konstruktionen sind jeweils V, Aux, Adp und N die Dependenzkontrolleure (Nuklei), während A, G, RS, O und Vinf die Dependenten sind. Die Implikationen weisen auf ein einfaches Prinzip hin: Sprachen tendieren dazu, in allen Dependenzkonstruktionen den Dependenten auf derselben Seite des Nukleus anzureihen. Danach gibt es zwei Hauptstellungstypen oder Serialisierungsprinzipien:

Der linksverzweigende und der rechtsverzweigende Typ sind Konstrukte i.S.v. Humboldt und Skalička, die in sich konsistent sind, aber nicht unbedingt in Sprachen restlos so verwirklich sein müssen. Tatsächlich verhalten sich aber ziemlich viele Sprachen in dieser Hinsicht konsistent. Reine linksverzweigende Sprachen sind z.B. Türkisch, Hindi, Tamil, Koreanisch, Japanisch, Quechua. Reine rechtsverzweigende Sprachen sind z.B. Arabisch, Indonesisch, Swahili, Yukatekisch.

Eine Reihe weiterer Konstruktionen fallen noch unter dasselbe Prinzip. Z.B. besagt Greenbergs (1963:84) “Universal 13. If the nominal object always precedes the verb, then verb forms subordinate to the main verb also precede it.” Dazu ein Beispiel aus dem Koreanischen:

Das Koreanische zeigt die konsequent linksverzweigende Wortstellung, die deutsche Übersetzung demgegenüber Rechtsverzweigung in dieser Konstruktion.

Für die Beobachtung, daß das Subjekt fast immer vor dem direkten Objekt kommt, lassen sich zwei verschiedene Erklärungsprinzipien anführen:

Ferner hängen zahlreiche dieser Dependenznuklei durch Grammatikalisierung miteinander zusammen:

In jeder der beiden Konstruktionen bleibt bei der Grammatikalisierung die Wortstellung unverändert. D.h. wenn ein Verb, dem sein direktes Objekt folgt, zu einer Adposition grammatikalisiert wird (deren Komplement das Objekt dadurch wird), so wird diese Adposition notwendigerweise zu einer Präposition. So hängen z.B. in der Tabelle der uniformen Serialisierung die ersten beiden Zeilen miteinander zusammen.

Die Grundwortstellungstypologie illustriert einerseits vorbildlich das Anliegen der Typologie, Zusammenhänge zwischen einzelnen Eigenschaften aufzuweisen und diese unter übergreifende Prinzipien zu subsumieren. Andererseits stößt auch sie an ziemlich deutliche Grenzen. Alle bisher festgestellten Zusammenhänge betreffen nämlich ausschließlich Stellungsregeln (auch auf morphologischer Ebene). Es ist nicht gelungen, den Stellungstyp mit Typen einer der anderen Typologien in Zusammenhang zu bringen. Z.B. könnte man erwarten, daß die Hauptkonstituentenstellung mit der Gestaltung der Fundamentalrelationen oder dem konzentrischen vs. exzentrischen Satzbau korreliert, da immerhin dieselben syntaktischen Relationen im Spiel sind. Das ist jedoch anscheinend nicht der Fall.