Grundsätzliches

In einem Sprechakt wird eine Nachricht vom Sprecher/Sender zum Hörer/Empfänger übermittelt. Diese hat eine Bedeutung, die von Sprecher und Hörer geschaffen wird. Sie ist das, was der Sprecher meint und der Hörer versteht. Die Verständigung basiert z.T. darauf, daß die beiden einen Code gemeinsam haben, also ein System von Zeichen, deren jedem eine Bedeutung zugeordnet ist, gleichsam eine Standardbedeutung, welche die Invariante gegenüber den in den Nachrichten auftretenden Varianten repräsentiert. Schematisch zusammengefaßt:

Benutzerbedeutung was Sprecher meint und Hörer versteht Sprechakt Nachricht Variante
Standardbedeutung was zur Sprache gehört Sprachsystem Code Invariante

Diese beiden Bedeutungsbegriffe stehen in einem wechselseitigen (freilich asymmetrischen) Voraussetzungsverhältnis zueinander:

Philosophische Bedeutungstheorien haben teils das eine, teils das andere Voraussetzungsverhältnis hervorgehoben. Grice 1970 erläutert, wie die Standardbedeutung von der Benutzerbedeutung abgeleitet werden kann. Ihm folgen "Griceaner" wie Stephen Schiffer und Georg Meckle. Dagegen bestehen Hilary Putnam (mit radikaler Kritik an Grice), Michael Dummett, Donald Davidson I1 und Willard van Orman Quine darauf, daß die Standardbedeutung fundamental und die Benutzerbedeutung von ihr abgeleitet ist. Dieser Position würde wohl auch G. Frege beigetreten sein.

Für den Begriff des Begriffs ergibt diese Gegenüberstellung, daß Begriffe jedenfalls eine Art von Standardbedeutungen und nicht Bestandteile des Sinns einer Äußerung sind. Weiteres zum Gegensatz zwischen Sinn und Bedeutung in linguistischer Semantik im entsprechenden Abschnitt.

Genese von Standardbedeutungen

Benutzerbedeutungen kommen in Sprechakten durch eine komplizierte Interaktion von Komponenten der Sprechsituation (Intention des Sprechers, Voraussetzungen des Hörers, Redeuniversum, außersprachlicher Kontext usw.) mit der Standardbedeutung zustande.

Wie aber entstehen Standardbedeutungen und mit ihnen auch Begriffe? Abgesehen von sogleich zu besprechenden Details, gibt es hierauf zwei entgegengesetzte Antworten: Die einfachere ist: Begriffe entstehen überhaupt nicht; sie existieren unabhängig vom Menschen, sind ihm vorgegeben und können von ihm entdeckt werden. Begriffe sind folglich Entitäten sui generis und nicht auf andere reduzierbar. Diese Theorie wurde zuerst von Platon formuliert und in der Neuzeit von Platonisten wie G. Frege, R. Montague, L. Wittgenstein I und R. Carnap vertreten.

Die entgegengesetzte Antwort auf die Frage ist: Bedeutungen sind von etwas anderem abgeleitet; sie entstehen aus unabhängig von ihnen vorgegebenen Umständen. Sie sind also nicht Entitäten sui generis, sondern auf Entitäten anderer Art reduzierbar. Als solche kommen vor allem soziale und natürliche Phänomene in Betracht.

Soziale Phänomene wie insbesondere Konventionen und Gebrauchsregeln sind die Basis von Bedeutungen in Gebrauchstheorien der Bedeutung, wie sie etwa von L. Wittgenstein II und Paul Horwich vertreten wurden.

Naturphänomene werden als Basis von Bedeutungen in naturalistischen Bedeutungstheorien angenommen. Als relevante Phänomene kommen folgende infrage:


1 ‘NN I’ bedeutet "NN in seinem Frühwerk/seiner ersten Schaffensperiode".