Verstehen kann man sich als eine Kette von Repräsentationen von Bedeutung und Sinn vorstellen, die der Hörer konstruiert. Die Linguistik rekonstruiert den Vorgang durch die semantische Interpretation, die die Stufen dieses Prozesses systematisiert und zum Teil nachvollzieht.

  1. Auf der untersten Stufe dekodiert der Hörer den sprachlichen Ausdruck so, wie das im Abschnitt über Kompositionalität dargestellt ist. Auf diese Weise konstruiert er das Significatum des der Äußerung zugrundeliegenden Satzes. Diese Stufe kann der Hörer jedenfalls erreichen, wenn er bloß die Sprache beherrscht. Er braucht dazu weder Weltkenntnis zu haben noch in der Sprechsituation orientiert zu sein.
  2. Auf der nächste Stufe konstruiert der Hörer mithilfe von Weltkenntnis das Designatum der sprachlichen Ausdrücke sowie, durch Vertrautheit mit der Sprechsituation, dem Redeuniversum und dem Kontext, die Referenten der referierenden Ausdrücke.
  3. Falls der Referent sich auf etwas Wahrnehmbares bezieht, erreicht der Hörer auf der nächsten Interpretationsstufe das mentale Bild, das er damit assoziiert hat.
  4. Die letzte Stufe kann erreicht werden, falls dem Referenten ein Denotatum entspricht: dann läuft das Verstehen evtl. auf eine das Denotatum betreffende Praxis hinaus (so wie der Behaviorismus sich das vorgestellt hatte).

Diese Stufenfolge ergibt sich aus einer systematischen Analyse des Verstehensprozesses. Damit soll nicht gesagt sein, daß das Verstehen als psychischer Vorgang so abläuft oder daß jeder einzelne Verstehensvorgang notwendigerweise diese Stufen durchläuft.

Als Beispiel einer Studie zur semantischen Interpretation dient die Interpretation eines Werbeslogans.