Persönliche und unpersönliche Konstruktion

Gegeben ein Prädikat, von dem mittelbar oder unmittelbar ein persönliches Argument (d.i. eine Entität, die hoch auf der Empathiehierarchie steht) abhängt, dann ist die diese Konstellation kodierende Konstruktion

Z.B. ist ich bereue es eine persönliche, es reut mich eine unpersönliche Konstruktion.

Konstruktion von Modalverben

'Müssen', 'können' und 'wollen' sind drei modale Prädikate, die in den Sprachen der Welt teils persönlich, teils unpersönlich konstruiert werden.

  1. Alle drei Prädikate werden persönlich konstruiert im Deutschen, Englischen, Spanischen: Ich muß/kann/will es tun.
  2. Alle drei modalen Prädikate werden unpersönlich konstruiert im Yukatekischen: yaan / ku beeytal / tak [in beetik] "DEB / POT / DESID [SBJ.1.SG tu-INCMPL].
  3. 'Müssen ' wird unpersönlich, 'können' und 'wollen' werden jedoch persönlich konstruiert im Französischen und Italienischen: Il faut que je le fasse. / Je peux le faire. / Je veux le faire.
  4. 'Müssen' und 'können' werden unpersönlich, 'wollen' jedoch persönlich konstruiert im Russischen: Nužno mne delat' eto. / Možno mne delat' eto. / Ja xoču delat' eto.
  5. Die Kombinationen
    1. 'müssen' persönlich, die anderen unpersönlich
    2. 'müssen' und 'können' persönlich, 'wollen' unpersönlich
    kommen in keiner Sprache vor.

Die beobachtete typologische Variation läßt sich wie folgt systematisieren: die drei Prädikate liegen auf einer Hierarchie

müssen - können - wollen

über der folgendes doppelte universale implikative Prinzip waltet:

  1. Wenn ein Prädikat auf einer gegebenen Position der Hierarchie persönlich konstruiert wird, werden die Prädikate rechts davon ebenfalls persönlich konstruiert.
  2. Wenn ein Prädikat auf einer gegebenen Position der Hierarchie unpersönlich konstruiert wird, werden die Prädikate links davon ebenfalls unpersönlich konstruiert.

Die Hierarchie mit dem zugehörigen Prinzip ist offensichtlich kognitiv motiviert:

  1. Notwendigkeit ist etwas vom Menschen nicht Kontrollierbares.
  2. Willen ist etwas vom Menschen Kontrollierbares.
  3. Möglichkeit ist für diese Alternative offen. (Genauer betrachtet, wäre an dieser Stelle noch zwischen epistemischer und situationsinterner Möglichkeit zu unterscheiden.)

Gegeben die Logik der Implikation - das Implicans ist immer komplexer, voraussetzungsbehafteter und beschränkter als das Implicatum -, resultieren zwei Default-Lösungen für das Doppelprinzip, nämlich die in den Sprachen der Typen 3 und 4 implementierten Lösungen. Die Sprachen der Typen 1 und 2 dagegen repräsentieren die Extreme in dem durch das Prinzip eröffneten Raum typologischer Variation. Sie führen eine allgemeine Strukturregel durch, anstatt flexibel auf semantische Unterschiede zu reagieren.


Es gibt auch die alternative Konstruktion eto mne xočets'ja "das will sich mir"; aber es ist durch Reflexivierung von der oben angeführten Konstruktion abgeleitet und also deutlich sekundär und komplexer.