Eine sprachliche Einheit ist (auf einer abstrakten Repräsentationsebene) unterspezifiziert genau dann, wenn es Merkmale gibt, für die sie nicht spezifiziert ist, obwohl jegliches Vorkommen dieser Einheit in Sätzen tatsächlich für diese Merkmale spezifiziert ist.

Die Beschreibung einer Sprache soll einfach, elegant und ökonomisch sein. Dies weniger, weil man annimmt, daß auch ihr mentales Gegenstück diese Bedingungen erfüllt, als weil dies allgemeine wissenschaftstheoretische Standards sind.

Mehrere Subsysteme der Sprachbeschreibung beruhen auf dem Wechselspiel von zwei Modulen:

Nach dieser Konzeption gewinnt man z.B. jeweils auf der Basis von semantischen und phonologischen Repräsentationen von Einträgen des Lexikons die semantische Repräsentation und die phonetische Repräsentation eines Satzes, der aus diesen Lexikoneinträgen zusammengesetzt ist.

Das Ökonomieprinzip verlangt nun, daß all diejenigen Eigenschaften der semantischen und phonetischen Repräsentation, welche regelmäßig sind, auch ausschließlich durch Regeln spezifiziert werden, d.h. daß sie nicht an den Inventareinträgen spezifiziert werden.

Merkmale sprachlicher Einheiten, die durch Regeln eingeführt werden, sind redundant, denn sie sind vorhersagbar, können folglich keine Information tragen. Die Sprachbeschreibung soll aber (nach dem vorausgesetzten Wissenschaftsideal) nicht redundant sein. Daraus folgt, daß Einträge von Inventaren unterspezifiziert sein müssen.

Wie oben angedeutet, ist damit nicht die Annahme verbunden, daß auch mentale Repräsentationen grundsätzlich unterspezifiziert sind. Stattdessen ist es wahrscheinlich, daß mentale Repräsentationen zu einem hohen Grade redundant sind. Das Postulat, daß jegliche sprachliche Eigenschaft entweder durch eine Regel eingeführt oder als bzw. im Eintrag einer Liste aufgeführt werden muß, ist auch als ‘rule-list fallacy’ bekannt. Das eingangs angeführte wissenschaftstheoretische Postulat führt also zu einem Trugschluß, wenn man glaubt, der Phänomenbereich müsse nach demselben Prinzip organisiert sein.