Wortbedeutungen stehen in Beziehungen zu den Bedeutungen anderer Wörter desselben Lexikons, welche die einzelne Bedeutung eingrenzen und das ganze Lexikon strukturieren. Es ist hier die Rede von den sogleich systematischer zu besprechenden Relationen des Typs ‘Oberbegriff’, ‘Gegensatz’, ‘Synonym’ usw. Diese Relationen heißen paradigmatische lexikalische Relationen oder auch einfach (da im Lexikon, streng genommen, keine syntagmatischen Relationen auftreten können) lexikalische Relationen.

Der so gefaßte Begriff der lexikalischen Relation ist noch heterogen, denn es muß folgender Unterschied gemacht werden:

Die wichtigsten semantischen Relationen der beiden Typen sind die folgenden:

Ein Ausdruck A1 ist mit einem Ausdruck A2 synonym, gdw sie dieselbe Bedeutung haben.1 Z.B. sind die Mitglieder der folgenden Paare synonym: Meßdiener - Ministrant, obwohl - wenngleich, Erdteil - Kontinent. Synonymie läßt sich distributionell definieren als freie Variation; diese besagt Austauschbarkeit in allen Kontexten. Man spricht allerdings auch von Teilsynonymie, z.B. zwischen Wissenschaftler und Forscher oder zwischen bekommen und erhalten

Ein Begriff B1 ist hyponym zu einem Begriff B2, gdw die Intension von B1 die von B2 inkludiert. Z.B. ist in den folgenden Paaren der erste Begriff hyponym zum zweiten: ‘Schimmel - Pferd’, ‘bunt - farbig’, ‘flüstern - sprechen’. B2 ist hyperonym zu B1, gdw B1 hyponym zu B2 ist. Oberbegriff und Unterbegriff sind synonym zu Hyperonym und Hyponym.

Daneben stehen mehrere Arten von begrifflichen Gegensätzen, von denen die folgenden zwei relevant sind:

Ein Begriff B1 ist komplementär (oder kontradiktorisch) zu einem Begriff B2 gdw gilt:

∀(x) B1(x) ⊻ B2(x);2
informell gesprochen: gdw alles entweder B1 oder B2 ist und das Zutreffen des einen das Zutreffen des anderen ausschließt. Beispiele sind die folgenden Paare: ‘männlich - weiblich’, ‘tot - lebendig’, ‘Inländer - Ausländer’. Normalerweise ist hier vorausgesetzt, daß als Kandidaten für x nur Elemente einer bestimmten Klasse, z.B. Lebewesen oder Menschen, infrage kommen.

Ein Begriff B1 ist antonym zu einem Begriff B2, gdw gilt:

(B1(x) → ¬ B2(x)) ∧ ¬ (¬ B2(x) → B1(x));
informell gesprochen: gdw einerseits mit dem Zutreffen des einen Gegensatzglieds das Zutreffen des anderen ausgeschlossen ist, mit dem Nicht-Zutreffen des einen jedoch noch lange nicht das Zutreffen des anderen gegeben ist. Beispiele von antonymen Begriffen sind ‘jung - alt’, ‘lang - kurz’. Infrage kommen anscheinend nur von polaren Adjektiven bezeichnete Begriffe.

Die lexikalischen Relationen bestehen im allgemeinen zwischen Bedeutungen; nur Synonymie ist eine Relation zwischen Wörtern oder Ausdrücken. In einem abgeleiteten Sinne lassen sich auch die anderen lexikalischen Relationen auf Wörter bzw. Ausdrücke anwenden. Daß der auf die Begriffe bezogene Sinn der primäre ist, läßt sich wie folgt zeigen:

Sei R eine der definierten lexikalischen Relationen, angewandt auf zwei Ausdrücke A1 und A2, und seien die Ausdrücke A2 und A3 synonym. Dann gilt: A1 R A2 ↔ A1 R A3; informell gesprochen: wenn ein gegebener Ausdruck eine lexikalische Relation zu einem bestimmten anderen Ausdruck hat, dann hat er dieselbe Relation auch zu allen Synonymen des letzteren. Das aber beweist, daß es auf die Ausdrücke überhaupt nicht ankommt, sondern auf deren Bedeutungen. Dieser Punkt ist wichtig, weil man die Begriffe übereinzelsprachlich konzipieren und sie in bestimmte lexikalische Relationen setzen kann, die dann bestehen, gleichgültig, in welcher Sprache man die Begriffe bezeichnet. Auf diese Weise schafft man universale begriffliche Netzwerke, auf die wir im Abschnitt über Begriffssysteme zu sprechen kommen.

Schließlich ist zu bemerken, daß mehrere lexikalische Relationen sich zwanglos für Begriffe definieren lassen, welche von Wörtern einer bestimmten Wortart bezeichnet werden, und auf Begriffe, welche von Mitgliedern anderer Wortarten bezeichnet werden, nicht oder nicht ohne weiteres anwendbar sind. So ist Hyponymie unschwer für substantivische Begriffe zu konzipieren und spielt für diese in der Tat eine bedeutende Rolle. Adjektivische und verbale Begriffe scheinen dagegen nur selten in Hyponymierelation zu stehen. Umgekehrt scheint Antonymie nur bei adjektivischen Begriffen und Komplementarität nicht bei verbalen Begriffen zu bestehen. Offensichtlich korreliert die Wortart mit einer semantischen Kategorie. Näheres dazu im Abschnitt über Kategorisierung.


1 gdw: “genau dann, wenn”. Dies ist der Äquivalenzjunktor, der die Gleichsetzung von Definiendum und Definiens ausdrückt in dem Falle, daß beide Sätze sind.

2 '⊻' repräsentiert XOR, d.h. den Kontravalenzjunktor, d.h. das ausschließende Oder.