Sprachen in der Iberoromania

Die Romanisierung Iberiens

Römische Kolonisierung Spaniens seit dem 2. Punischen Krieg (218-202). War 15 v.Ch. (im Nordwesten Iberiens) militärisch abgeschlossen. Die einheimischen Sprachen außer Baskisch wurden bald ersetzt. Die Romanisierung geht im Süden schnell, im Zentrum, Westen und Norden langsamer vonstatten. Es gibt dort lusitanische und keltiberische Inschriften noch im 1. Jh. n.Ch.; die Sprachen wurden auf den Dörfern evtl. noch bis ins Mittelalter gesprochen. Im Süden löste Rom einfach die Karthager ab und übernahm die von ihnen eingeführten Strukturen. Im 1. Jh. v.Ch. wurde in Córdoba Latein gesprochen. Somit ist Iberien das älteste lateinsprachige Land nach Italien. Im Osten (in iberischem Gebiet) kommt die iberische Schrift zur Zeit des Kaisers Tiberius (14 - 37 n.Ch.) außer Gebrauch. Früh tragen alle Personen römische Namen.

Die folgenden röm. Schriftsteller waren Spanier:

Seneca der Ältere (Rhetor)-54 - 39
Seneca der Jünger (Stoiker)-4 - 65
Lucan (Epiker)39 - 65
Martial (Epigrammatiker)42 - 104

Stellung des Iberoromanischen

Wir sahen in Kap. 6.3, daß Iberoromanisch Westromanisch und gleichzeitig, mit Ausnahme des Katalanischen, Randromanisch ist. In letzterer Eigenschaft ist es archaisch bzw. konservativ, in ersterer ist es gelegentlich innovativ.

Archaisch-konservative Züge des Iberoromanischen
In erster Linie sind alle oben für das Randromanische angeführten Züge zu nennen. Ferner hat das Lexikon ir “gehen”, comer “essen”, wo östliche romanische Sprachen Neuerungen haben.

Innovative Züge des Iberoromanischen

Vom Iberoromanischen zum Altspanischen

Prähistorische Einflüsse

Nur wenige spanische Wörter können sicher als Lehnwörter aus dem Iberischen identifiziert werden:

Einige Wörter mehr sind keltiberischen Ursprungs:

Der gotische Einfluß

Um 100 n.Ch. beginnt die Christianisierung des römischen Iberien. Seit 400 dringen mit der Völkerwanderung verschiedene Völker, vor allem Germanen ein. Seit 414 sind die Westgoten in Katalonien. Bis Ende des 5. Jh. nehmen sie die ganze Halbinsel außer Galizien ein, wo sich die Sueben bis 585 halten. Die Hauptstadt des gotischen Reichs ist Toledo. Zunächst vermischen sich die Goten, hauptsächlich aus religiösen Gründen, kaum mit der romanischen Bevölkerung, so daß der Einfluß des Gotischen auf das Spanische gering bleibt. Ende des 6. Jh. werden sie allerdings Christen und gehen nun in der romanischen Bevölkerung auf.

Da Gotisch (jedenfalls in Iberien) nicht geschrieben wurde, war der Einfluß des Gotischen auf das Iberoromanische gering. Etwa 300 spanische Wurzeln sind westgotischer Herkunft. Mehrere davon finden sich auch in anderen romanischen Sprachen.

Germanische Lehnwörter in romanischen Sprachen
germanisch kastilischitalienischfranzösischBedeutung
ahd. her(i)bergaalberguealbergoaubergeHerberge
*bier-birrabièreBier
blankblancobiancoblancweiß
frankfrancofrancofrancfrei
rīkricoriccorichereich
roberoparobarobeKleid
got. *spáura
fränk. *sporo
espuerasp(e)roneéperonSporn
wardguardiaguardiagardeWache
*werreguerraguerraguerreKrieg

Die folgenden sind vorwiegend ibero-romanisch:

Da die ersten drei Wörter auch im Italienischen vorkommen, können sie auch über das Italienische nach Iberien gekommen sein.

Der arabische Einfluß

Im Jahre 711 landen die Mauren (= span. Araber) in Iberien, schlagen die Goten in der Schlacht bei Jerez de la Frontera und drängen sie nach Norden zurück. Seit 929 besteht das Kalifat von Córdoba. Die maurische Eroberung ist 932 i.w abgeschlossen. Spanien wird, mit Ausnahme des äußersten Nordens, eine Provinz des Kalifats der Omaijaden von Damaskus. Die Halbinsel erlebt Jahrhunderte der kulturellen Hochblüte. Die Maurenherrschaft reicht ungefähr bis zum Duero. Nordöstlich davon halten sich die Basken (die sich bereits der Romanisierung wiedersetzt hatten), nordwestlich davon halten sich die gotischen Fürstentümer und entwickelt sich das Königreich Kastilien. Im Süden der Halbinsel wird Mozarabisch gesprochen.

Infolge der (im Süden) maximal 781 Jahre dauernden Maurenherrschaft ist der Einfluß des Arabischen auf das Spanische enorm. Es sind eine Fülle arabischer Fremdwörter in die iberoromanischen Sprachen gelangt:

Dazu kommen lehnübersetzte Redensarten wie si Dios quiere.

Lautwandel

Aus der Fülle von Lautwandeln, die vom Lateinischen zum Iberoromanischen führen, werden hier einige besonders auffällige herausgegriffen:

Synkope

Degemination

Die lateinischen Geminaten wurden in den meisten romanischen Sprachen - außer Italienisch - vereinfacht. Die Obstruenten wurden einfach degeminiert.

Geminierte Sonoranten (/ll/, /rr/, /nn/) bleiben zunächst erhalten und werden erst einzelsprachlich verschieden behandelt.

Die Beschränkung gegen Doppelkonsonanten bleibt im weiteren im Sprachsystem wirksam; sie sind bis heute nicht zugelassen.

Verstimmhaftung intervokalischer Okklusive

Dies ist eine sehr frühe und fast gemeiniberische Entwicklung. Erste Anzeichen schon im 2./3. Jh. Nur Aragonesisch bewahrt (ebenso wie Baskisch und andere Pyrenäendialekte) den stimmlosen Okklusiv. Der Wandel findet statt in folgenden Beispielen:

Verstimmhaftung intervokalischer Plosive im Iberoromanischen
Latein Aragonesisch Spanisch Portugiesisch Bedeutung
lupoloboloboWolf
tototodotodoalles
uītavidavidaLeben
rotaruedarodaRad
spathaespataespadaespadaSchwert
patrepadre(pai)Vater
civitateciudadcidadeStadt
dicodigodigosage
loricalorikalorigalorigaPanzer

Vokalprothese

Vor Wörter, die mit /s + K/ anlauten, wird seit dem 2. Jh. n.Ch., also bereits im Vulgärlatein, ein vorderer Vokal gesetzt: /e/ im Westromanischen, /i/ im Italienischen (dort jedoch kaum in der Schriftsprache).

Auch dies ist eine bis heute wirksame phonotaktische Beschränkung der iberoromanischen Sprachen.