Ein Interfix ist ein Suffix I, welches an eine Basis B antritt, um diese mit einem weiteren Morphem oder Stamm W kombinieren zu können. Es entsteht folglich die Konfiguration B-I-W, wie in den folgenden Beispielen:
B | I | W | |
1 | reiß | -er | -isch |
2 | rein | -ig | -en |
3 | Wohnung | -s | +not |
Das Interfix trägt selbst nichts zur Bedeutung des Produktes bei. Es wird eingesetzt, weil auf der Basis von B ein Wort der durch W bestimmten Kategorie gebildet werden soll, W jedoch nicht unmittelbar an B antreten kann. W erwartet als Basis Stämme einer bestimmten Kategorie; I überführt B – evtl. nur oberflächlich – in diese Kategorie. Zwei Varianten dieses Prozesses sind bekannt:
- Kategorial-morphologische Motivation: B gehört nicht der erforderlichen Basiskategorie an. Z.B. bildet das Derivationssuffix -isch desubstantivische Adjektive wie teuflisch. Reißen ist aber kein Substantiv. -er richtet reiß- für diese Ableitung zu, allerdings nur vordergründig, denn es gibt gar kein Substantiv Reißer.
- Analogisch-phonologische Motivation: B gehört durchaus der verlangten Basiskategorie an, und es gibt auch andere Elemente derselben Kategorie von B, die direkt mit W kombiniert werden können. So gibt es neben Nr. 2 deadjektivische Verben wie weißen, wo der Adjektivstamm ohne weiteres in einen Verbalstamm konvertiert und also konjugiert werden kann. Viele dieser Adjektive sind allerdings auf -ig abgeleitet, wie in billigen und mäßigen. Fest, rein und mehrere andere Adjektive werden durch das Interfix -ig in das Mehrheitsschema gebracht.
Das Kompositionsfugenelement -s, wie in Beispiel Nr. 3, ist ebenfalls analogisch-phonologisch motiviert. Denn in vielen Komposita wie Volkskunde wird das Determinans mit dem -s in eine Form gesetzt, die sein Genitiv ist oder jedenfalls in dieser Kombination die entsprechende Funktion erfüllt. Diese sind das Vorbild für Komposita wie Wohnungsnot, wo das
Auch bei der kategorial-morphologischen Motivation spielt Analogie eine Rolle. Es gibt viele Ableitungen auf -isch so wie heuchlerisch, deren Basis ein auf -er abgeleitetes Substantiv ist und denen Bildungen wie reißerisch nachempfunden sind.
Gängige Interfixe sind Derivationssuffixe. Es gibt daher neben den Interfixbildungen andere Formen der Struktur B-I, die freie Wortstämme sind. So gibt es neben dem Interfix -er in Nr. 1 das Nomen-Agentis-Suffix -er wie in Heuchler; neben Nr. 2 gibt es Adjektive wie mäßig; neben Nr. 3 gibt es Genitive wie Volks. Die gleichen Elemente in Nr. 1 – 3 sind Interfixe, eben weil die Formen B-I der obigen Liste nicht frei vorkommen.
Das Interfix wird manchmal auch katalytisches Suffix genannt. Dieser Terminus ist präziser, denn er trifft die Funktion des Elements ganz gut, während ‘Interfix’ dem Mißverständnis Vorschub leistet, dass es sich um einen Stellungstyp des Affixes neben Präfix, Suffix usw. handelte.